3.1. Business Understanding#
Hier geht es darum die fachliche Problemstellung zu verstehen. Analytics wird in Unternehmen nicht als Selbstzweck betrieben, weil es technisch interessant ist. Es geht stets darum eine Geschäftstätigkeit zu optimieren oder erst zu ermöglichen. Die Programmierung von Analytics-Algorithmen oder gar deren Weiterentwicklung ist dafür im Großteil der Anwendungen nicht notwendig. Bibliotheken mit allen relevanten Algorithmen sind als Open Source verfügbar und die notwendige Hardware kann in der Cloud flexibel angemietet werden. Per Analytics differenzieren können sich Unternehmen, die die folgenden Voraussetzungen beachten:
Voraussetzung |
Beispiel |
Gegenbeispiel |
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Personen/Teams, die Analytics und die Geschäftsdomäne verstehen und hin- und herübersetzen können |
Projektteam baut Puffer in Optimierungsmodell für Bestückung von Paletten ein, da sie aus der Praxis wissen, dass die Maßangaben für die zu bestückenden Artikel einer Toleranz unterliegen |
Team aus Experten, das eine komplexe Bilderkennung für ein Lieferantenformular entwickelt, obwohl man ohne großen Aufwand die Lieferanten auf elektronische Datenübermittlung umstellen könnte |
Probleme, wo schnell Feedback zur Modell-Performance gesammelt werden können |
Modell zur Personaleinsatzplanung im Callcenter einer Versicherung abhängig vom erwarteten Anrufaufkommen - täglich kann tatsächliches Anrufaufkommen und Wartezeiten der Kunden bestimmt werden |
Modell zur Preisgestaltung einer Lebensversicherung - die Genauigkeit kann erst nach 30-70 Jahren bestimmt werden, wenn die Versicherungen abgelaufen sind |
Integration von Modellen gebaut auf Standardbibliotheken in bestehende Prozesse |
Export von Prozessdaten zu Leistungsanträgen einer Versicherung. Trainieren eines Modells mit Standardbibliotheken. Nach erfolgreichem Proof-of-Concept erfolgt Entwicklung einer Schnittstelle um Modell in IT-System zu integrieren |
Eigenentwicklung eines linearen Modells in einem geschlossenen System zur Bearbeitung von Anträgen auf Kreditanträgen. Der hohe Aufwand für die Entwicklung der Algorithmen lässt keine Kapazität für Datenerhebung und Evaluation. Außerdem ist der Algorithmus fehlerhaft und skaliert nicht. |
Vorhandensein von Daten |
Einzelhändler nutzt Abverkaufsdaten aus Kassensystem, um Warenbestellung zu optimieren |
Einzelhändler will Kundenprofile auf Abverkaufsdaten bilden besitzt aber keine Kundenkarte, um einzelne Einkäufe zusammenzuführen |
Bereitschaft nach Modellergebnissen zu handeln |
Call Center Mitarbeiter eines Mobilfunkkonzerns macht Kunden, die ihren Vertrag gekündigt haben, ein Bleibeangebot in der Höhe wie vom Modell vorgeschlagen |
Unternehmen entwickelt Modell zur Verteilung von Bleibeboni an Mitarbeiter mit hoher Kündigungswahrscheinlichkeit und hohem Wert für Unternehmen. Manager verteilen Boni wie zuvor nach “Menschenkenntnis”. |
Für all diese Voraussetzungen ist ein Geschäftsverständnis notwendig. Es hilft abzuschätzen:
welche Probleme man lösen kann,
wo Grenzen und Einschränkungen in der Praxis vorliegen,
wie aktuelle Prozesse und IT-Systeme funktionieren,
welche Daten vorhanden sind und in welcher Qualität sie vorliegen und
wie man die Akzeptanz der Analytics-Lösung bei den handelnden Personen herstellen kann.
Eine Möglichkeit dieses Geschäftsverständnis in einem Projektteam herzustellen:
gemischtes Team aus Domänenexperten und Analyticsexperten
Domänenexperten erhalten konzeptionelle Einführung in Analytics-Methoden
Analyticsexperten erhalten Einarbeitung in Prozesse, z.B. durch Mitarbeit in Callcenter, Lager, Filliale, …
Das weitere Vorgehen in der Phase Business Understanding ist dann wie folgt:
Festlegen der Geschäftsziele (z.B. welcher Prozess(-schritt) soll optimiert und welche Kennzahl verbessert werden)
Festlegen der geschäftlichen Anforderungen (z.B. an Performance und Verständlichkeit des Modells)
Übersetzung in Analytics-Modell(e) - was sind die Eingaben und Ausgaben je Modell, wie werden mehrere Modelle zusammengeschalten, an welchen Stellen werden diese in bestehende Systeme integriert